Evangelisch
in Unterbarmen

Gemeinsam. Glauben. Leben.

Offenheit für neue Wege

Interview mit Pfarrerin Henriette Sauppe

Jens-Peter Enk: Liebe Henriette, seit dem Sommer bist Du in unserer Gemeinde als Pfarrerin tätig, wie geht es Dir hier bei uns?
Henriette Sauppe: Ich fühle mich sehr wohl in unserer Kirchengemeinde. Das kollegiale Miteinander in den Dienstbesprechungen und im Presbyterium erlebe ich als ein tragfähiges Fundament unserer Gemeinde. Ich sehe, dass sowohl haupt- wie auch ehrenamtlich Mitarbeitende als Team funktionieren wollen und beide Bezirke, Ost und West, näher aneinanderrücken. Wir müssen uns gegenseitig stärken und voneinander lernen, damit unsere Gemeinde eine feste Basis für die Zukunft hat! Schade finde ich, dass ich das Gemeindeleben im meinem ersten Jahr kaum wahrnehmen und das Miteinander kaum erleben konnte. Ist man als Pfarrerin neu in einer Gemeinde, geht es in den ersten Monaten genau darum: zu sehen und zu beobachten, wie das Gemeindeleben funktioniert, wie die Menschen miteinander ihren Glauben leben, was die Traditionen der Gemeinde sind und welche Wege neu eingeschlagen wurden. Das war in den Ausschüssen und im Presbyterium für mich gut zu erleben, aber in den vielen Gruppen und Kreisen und auch im gottesdienstlichen Miteinander, einschließlich Weihnachten und Ostern, weniger möglich. Dennoch bin ich guten Mutes, dass wir nach den Sommerferien das Gemeindeleben wieder hochfahren und neue Ideen in unserer Gemeinde umsetzen werden. Und ich freue mich auf die kommenden Open-Air-Gottesdienste vor der Hauptkirche. Diese habe ich letztes Jahr als „Tankstelle“ im Miteinander erlebt und erhoffe mir dies auch für diesen Sommer.

Jens-Peter: Diese Gottesdienste kannst Du nun auch von Deinem Wohnzimmer aus sehen!
Henriette: Das stimmt. Denn wie Thomas Corzilius habe ich seit unserem Umzug in die Martin-Luther-Straße den perfekten Blick auf die Unterbarmer Hauptkirche und den Vorplatz. Ich merke, dass der Umzug eine gute Weichenstellung gewesen ist und genieße die kürzeren Wege in die Kirchen und die häufigeren Kontakte zwischendurch.

Jens-Peter: Du hast die Gemeindearbeit schon angesprochen, wo schlägt hier besonders Dein Herz?
Henriette: Besonders liegt mir die Arbeit mit jungen Familien am Herzen, auch im Blick auf unseren Gemeindeaufbau. Dass Eltern ihre Kinder taufen lassen wollen, wird häufig noch als Wunsch und Tradition wahrgenommen. Dennoch warten oder finden einige nicht den richtigen Zeitpunkt. Ihnen würde eine offensivere Ansprache unsererseits sicherlich helfen, eine Entscheidung für die Taufe ihres Kindes zu treffen. Neben der Taufe im sonntäglichen Gottesdienst kann es hier sicher mehrere Wege geben, wie die Taufe als Kasualie, in ihrer persönlichen Bedeutung für den eigenen Lebenslauf, gestärkt werden kann. Ich denke da an besondere Taufgottesdienste mit mehreren Täuflingen. Wir müssen den Familien ermöglichen, auch nach der Taufe mit uns in Kontakt zu bleiben. Da gibt es in unserer Gemeinde Möglichkeiten, wie die Krabbel- und Kindergottesdienste, an die wir anknüpfen, weiter aufbauen und vernetzen können. Ein anderes Augenmerk ist die Trauerbegleitung. Die Begleitung bei einer Beerdigung wird durch den Gottesdienst und als vorausgehendes Trauergespräch von vielen Menschen als wichtige Stütze für ihr eigenes Leben und ihren Glauben verstanden und wahrgenommen. Ich wünsche mir, dass unsere Kirchengemeinde den Menschen Raum bietet für ihre Trauer und der Trauer auch eine Stimme im Alltag gibt, in dem diese oft untergeht und sich nicht behaupten kann. Gerade mache ich eine Fortbildung zur Trauerbegleiterin und hoffe dadurch Impulse in unsere Kirchengemeinde zu bringen.

Jens-Peter: Gibt es etwas, was Du Dir von uns als Gemeinde wünschst?
Henriette: Ich wünsche mir, dass wir offen sind und bleiben. Offenheit mussten wir im Verlauf dieser Pandemie lernen, beispielsweise für die digitalen Möglichkeiten einer Kirchengemeinde. Ohne Zoom-Konferenzen und unsere Videogottesdienste wären noch weniger Kontakte zustande gekommen. Klar, diese Möglichkeiten haben uns auch an unsere Grenzen gebracht und uns nochmals gezeigt, dass eine Kirchengemeinde von den präsentischen Begegnungen untereinander lebt. Aber die Offenheit, mit der wir in der Situation umgegangen sind, sollten wir uns bewahren. Die Offenheit für Menschen, die fernab fester Traditionen ihren eigenen Weg suchen und finden wollen, ihren Glauben zu leben. Offenheit für neue Wege und vernetztes Denken im Kirchenkreis.

Jens-Peter: Zuletzt noch eine persönliche Frage. Was sind Deine Interessen und Hobbies?
Henriette: In unserer Wohnung am Eckbusch hatte ich eine Hängematte auf dem Balkon, dort habe ich gerne gelesen. Für den Garten habe ich schon ein paar Ideen, damit ich dieses Leseritual weiter fortführen kann. Außerdem spiele ich gerne, aber unregelmäßig Klavier. Auch das hoffe ich, wenn das Klavier meiner Eltern in unserem Wohnzimmer steht, wieder mehr aufleben zu lassen.

Das Interview führte Jens-Peter Enk.